Zuzahlungsbefreiung

Hier möchten wir euch ein tolles Pilotprojekt vorstellen. Dieses widmet sich der Begleitung von Klient:innen und Angehörigen bei der Erwirkung der Zuzahlungsbefreiung.
In dem Interview mit der Therapeutin Luise möchten wir euch gerne einen näheren Einblick geben und hoffen, somit auch das Thema standortübergreifend umzusetzen.
Wer bist du? Stell dich bitte kurz vor!
Ich bin Luise, Ergotherapeutin aus Frankfurt. Ich befinde mich gerade noch in Elternzeit und bin für ein paar Stunden pro Woche für das Projekt tätig.
Wie ist die Idee für das Projekt entstanden und wie bist du dazu gekommen?
Die Idee ist von meiner Teamleitung gekommen. In einem gemeinsamen Gespräch über meinen Wiedereinstieg nach der Elternzeit ist die Idee entstanden, dass ich bereits mit wenigen Stunden für das Projekt vorzeitig wiederkomme. Dies schien mir ein guter und sanfter Einstieg wieder zurück ins Arbeitsleben.
Welche Vorteile bietet das Projekt?
Die Vorteile des Projekts liegen zum einen bei unseren Patient:innen und ihren Angehörigen, da die finanzielle Belastung durch die Therapien stark reduziert wird. Auf der anderen Seite haben die Therapeuten die Möglichkeit wesentlich freier mit der Frequenz der Therapien zu variieren und somit den Patient:innen eine intensivere Betreuung zu ermöglichen; die Therapie kann einer Reha ähnlichen Betreuung nahekommen. Es kann evtl. auch freier darüber entschieden werden noch weitere Therapien dazu zunehmen. Die Angehörigen/Patient:innen sind also nicht so stark finanziell belastet, es kann intensiver therapiert werden und die Therapeut:innen können freier in ihrer Therapie arbeiten.
Was gab es vor der Durchführung alles zu beachten und wie lange habt ihr dafür benötigt?
Eine gute Vorbereitung und Absprache erleichterten den Prozess. Zum einen das Organisatorische, wann finden die Termine statt, welche Räume können genutzt werden, benötige ich jemanden der mir die Räume aufschließt und welche Unterlagen muss ich selber mitbringen (Anträge von der Krankenkasse) und welche Unterlagen muss der Angehörige mitbringen (Einkommensnachweise, Rechnungen etc.). Zum anderen ist eine gute Einarbeitung in die Thematik wichtig, um den Angehörigen Fragen zu beantworten oder an Dritte weiter verwiesen zu können.
Ich würde vermuten, dass die ganze Vorarbeit etwa 2-3 Arbeitstage gebraucht hat (bei mir a 6 Std).
Wie ist das Projekt aufgebaut? Welche Prozesse gibt es?
Der Aufbau lief bis jetzt immer so ab, dass zunächst Listen von den einzelnen Institutionen erstellt wurden und alle gesetzlich Versicherte und nicht zuzahlungsbefreite angeschrieben wurden. In dem Brief wurde kurz und knapp über die Möglichkeit der Zuzahlungsbefreiung informiert und eine persönliche Beratung im Haus angeboten. Im weiteren Verfahren wurden Termine, meist mit den Angehörigen, vereinbart. Einige Tage vor dem Termin wurden gut sichtbar für alle Besucher Aushänge in den Häusern aufgehängt, um auch wirklich alle nochmal zu erreichen. Die Termine habe ich dann meist mit den Angehörigen durchgeführt, manchmal waren auch die Patient:innen mit dabei. Ich habe 30 Minuten pro Termin angesetzt. Anschließend gab es eine Rückmeldung an die Therapeut:innen aus dem jeweiligen Haus über den Verlauf der Beratungen. Nach einigen Wochen ist dann die Aufgabe von den Therapeut:innen die betroffenen Patient:innen anzurufen und nach dem Stand der Dinge zu fragen oder die Angehörigen geben Rückmeldung, ob der Antrag durchgegangen ist oder nicht.
Welche Faktoren sind wichtig für die gute Umsetzung des Projekts?
- Genügend Zeit einplanen für die Vorbereitung der Termine.
- Die Beratungen einige Wochen im Voraus anzukündigen, dann haben die Angehörigen genug Zeit, sich bei mir zu melden für die Terminvereinbarung und/oder ich habe Zeit nochmals anzurufen.
- Eine gute und enge Zusammenarbeit mit den Therapeut:innen ist sehr hilfreich.
Wie groß ist der der Aufwand und wie funktioniert die langfristige Umsetzung?
Für die erste Umsetzung ist es schon recht aufwendig einmal alle Listen zu erstellen, in den Prozess reinzukommen und sich in die Thematik einzuarbeiten. Im weiteren Verlauf sollte der Aufwand allerdings geringer werden, aber endgültig kann ich das erst in ein paar Monaten sagen, wenn wir die nächsten Beratungen durchgeführt haben. Unser Plan ist es, eine persönliche Beratung etwa 2 Mal im Jahr in den Häusern durchzuführen.
Denkst du das Projekt ist überall umsetzbar? Falls ja was braucht es dafür?
Ich glaube, dass es ganz darauf ankommt, was für eine Art von Patient:innen der jeweilige Standort hat. In Frankfurt betreuen wir drei große Pflegeheime. Hier ist die gute und intensive therapeutische Versorgung sehr wichtig. Und die Wahrscheinlichkeit, Patient:innen mit einem Bedarf einer Zuzahlungsbefreiung eher hoch. Ist in anderen Standorten sehr viel Praxisbetrieb mit eher jüngeren Patient:innen und weniger Therapien, würde ich vermuten, dass es nicht so viel Sinn macht. Die Zielgruppe liegt schwerpunktmäßig auf den Pflegeheimen.
Ich glaube, dass es neben der Prüfung des jeweiligen Patientenklientel des Standortes notwendig ist, eine verantwortliche Person für die Durchführung der Beratungen zu haben (in Absprache und mit der Unterstützung von der Teamleitung und den jeweiligen Therapeut:innen in den Pflegeheimen).
Wie vielen Patient:innen, Angehörigen oder Betreuer:innen konntet ihr schon helfen?
Beraten wurden einige, es kam natürlich sehr darauf an, wie groß die Häuser sind und wie viele der Bewohner:innen noch keine Zuzahlungsbefreiung hatten. Ich habe insgesamt etwa 12-15 persönlich beraten und hiervon ist bei 2 Patient:innen der Antrag sofort genehmigt worden und bei einigen warten wir noch auf die Rückmeldung.
Hast du Tipps zum Thema Zuzahlungsbefreiung?
Vorher auf den Seiten der Krankenkassen intensiv mit dem Thema beschäftigen, meist kann man dort auch selber eine Beispielrechnung durchführen oder man ruft direkt bei den Krankenkassen an und lässt sich im Namen der eigenen Angehörigen beraten. Außerdem glaube ich, dass es wichtig ist, sich ausreichend Zeit zunehmen alles gut vorzubereiten und dann auf die jeweilige Situation der Patient:in/Angehörigen einzugehen, hierfür ist eine kleine Information zu Besonderheiten der jeweiligen Patient:in von der Therapeut:in wichtig.
Danke für deine Zeit! Möchtest du noch etwas hinzufügen oder Wichtiges loswerden?
Ich fand es immer gut, das Angehörigenverhältnis zu kennen, damit ich die Person auch richtig mit Ehefrau, Tochter, Sohn etc. ansprechen konnte.

Jan arbeitet als Physiotherapeut bei den Therapielotsen in Berlin. Er schreibt regelmäßig Artikel für den Blog und für unsere interne Flaschenpost.

Luise arbeitet als Ergotherapeutin aus Frankfurt. Sie hilft Patient:innen bei der Zuzahlungsbefreiung.