Verordnungsmanagement
Effizientes Verordnungsmanagement: So klappt’s mit den Heilmittelverordnungen
Therapeut:innen (ET/PT/Logo) sind auf die Verordnung eines Arztes oder einer Ärztin abgewiesen, um Patient:innen behandeln zu dürfen. Soweit klar. Aber wie kommt man dazu? Wer sieht die Indikation für eine Behandlung? Wie kommt man an ein Folgerezept? Welche Indikationen sind „richtig“ und „berechtigen“ gleichzeitig zur adäquaten Therapie? Schon diese wenigen Fragen zeigen, dass diese Aufgabe eine Schnittstelle zwischen vielen Playern darstellt. Beteiligt sind die (Fach-)Arztpraxis, Patient:innen, Therapeut:innen, die Verwaltungskräfte der einzelnen Standorte ggf. noch Angehörige und Pflege oder auch Lehrer:innen oder Sozialarbeiter:innen. Puh, ganz schön viele Menschen.
Kein Wunder, dass es viele Fragen gibt, auf die die Antworten oft auch recht individuell oder Standortgebunden sind.
Wir versuchen euch einen Überblick zu geben, was schon gut funktioniert und was auch schon mal nicht geklappt hat. Wir geben uns Mühe zu individualisierte Beispiele auszuklammern und versuchen uns auf die zentralsten Themen zu reduzieren. Ganz sicher werden hierbei auch gute Lösungen für Einzelfälle hinten runterfallen.
Ärzt:innen und Ärzte
- sind nicht immer so nah an der Lebensrealität, dass sie die Indikationen der Patient:innen kennen und bei kurzer Draufsicht einschätzen können. Sie brauchen und dürfen hier von der Pflege oder den Therapeut:innen beraten werden. In vielen Settings klappt das schon. Wenn es noch schwer ist, braucht es Aufklärungs- und Beziehungsgestaltungsarbeit.
- Ärztinnen haben oft Angst vor Regressforderungen zur die KV. Auch hier könnten sie beraten werden von Standortleitungen. Das ist ein verwandtes aber dennoch anderes Thema, was wir an anderer Stelle vertiefen werden.
- Hausärzt:innen fühlen sich manchmal nicht „in der Lage“ oder „berechtigt“ gewisse Diagnosen zu stellen, die dann die Versorgung rechtfertigen könnten. Der aktuelle Facharzt/-ärztinnen-Mangel ist so groß, dass eine Versorgung nicht Flächendeckend gegeben ist. Auch hier braucht es Gespräche mit den Hausärzt:innen, um gute Versorgung für die gemeinsamen Patient:innen zu ermöglichen.
Pflegende
- Haben keine Zeit (jaaaaaaaa). Aber wie können wir trotzdem im Gespräch bleiben? Das ist nicht immer einfach, klappt an einigen Standorten aber super gut.
- Standardisierte Eingangsassessments (z.B. Minimental, Insel (Instrument zur praxisnahen Erfassung von Lebensqualität), Schluckdiagnostik, etc.) könnte ein Qualitätsmerkmal eines Seniorenheims sein. Dies zu kommunizieren könne jedoch weiterhin eine Aufgabe der Lotsinnen und Lotsen sein? Für eine Eingangsdiagnostik reicht eine ganz „kleine“ VO, die erfahrungsgemäß von den Ärzt:innen „gerne“ ausgestellt wird. Ein ausführlicher Befundbericht kann dann ein Türöffner sein zu einer tollen Kommunikation mit den betreuenden Ärzt:innen im Heim, aber auch mit der Pflege.
Therapeut:innen
- Oh man. Eigentlich bräuchten wir noch eine zweite Ausbildung, um das Thema Verordnungen/Abrechnung zu verstehen. Lieben würden wir es dann vielleicht immer noch nicht, da die erste Berufswahl ja das Therapieren war 😉
- Therapeut:innen sollten (und werden an den Standorten) möglichst viel Zeit für Patient:innen und möglichst wenig Verwaltungsaufgaben haben. Damit die Prozesse trotzdem gut ineinandergreifen, sollten wir den Bereich Verwaltung aber ein bisschen kennen. Kati Becker aus Frankfurt schlägt vor, dass jede:r Therapeut:in einen Tag in der Verwaltung der Standorte hospitieren sollte und umgekehrt die Verwaltungskräfte bei den Therapeut:innen. Klingt spannend. Vielleicht ist der Abrechnungsdschungel dann nicht mehr so bedrohlich und der Therapeut:innen-alltag für die Verwaltungskräfte nicht so fremd.
- Therapeut:innen brauchen einen stressfreien Weg zur Erstverordnung. Der sieht pro Patient:in/Heim/Praxis/Schule/Ärzt:in sicher anders aus. Das Thema an den einzelnen Standorten zu diskutieren macht sicher Sinn.
- Wünsche für Folgeverordnungen sollten frühzeitig kommuniziert werden und dann unterstützen idealerweise die Verwaltungskräfte bei den Themen VO-bestellung/VO-Änderung und Abrechnung.
- Guckt euch die Diagnoseliste zum Besonderen Verordnungsbedarf (BVB) und Langfristigen Heilmittelbedarf (LHB) an. Damit dürfen Ärzt:innen Rezepte mit einer Heilmittelmenge für 12 Wochen ausstellen! Bei einer Frequenz von 3x pro Woche, wären das bspw. 36 Einheiten. Das erleichtert allen Seiten die Arbeit: den Arztpraxen, den Therapeut:innen und den Patient:innen. Diese müssen dann nicht mehr alle 6-10 Einheiten die Zuzahlung leisten.
- Viele neurologische, pädiatrische & geriatrische Indikationen sind in der Liste zu finden.
- Besonders die Physios haben leider mit ihren super kurzen VO eine zusätzliche Herausforderung. Hier sind die BVB & LHBs perfekt geeignet, um wenigsten ein bisschen längere VO zu bekommen. Hoffentlich führt auch hier die Blanko VO bald wenigstens ein bisschen aus der Misere.
- Habt die aktuellen Diagnoselisten gerne bei euch. Das muss nicht in Papierformat sein. Sehr praktisch ist die App „KBV 2 GO“.
Verwaltungskräfte
- Ihr seid das Zentrale Nervensystem des Unternehmens. Ihr haltet zusammen. Ihr gebt weiter. Ihr kennst die Spielregeln, so dass korrekt abgerechnet werden kann und die Therapeut:innen schlussendlich bezahlt werden können.
- Ihr bestellt neue Verordnungen. Ihr kennt die Eigenheiten jeder Arztpraxis und wisst ob ihr einen frankierten Rückumschlag beilegen müsst oder ob es lieber ein Fax sein sollte.
- Ihr seid Lots:innen der Lots:innen 😉
Standortleitungen
- Ihr seid das Bindeglied zwischen Therapeut:innen und Verwaltungskräften. Von Hause aus seid ihr selbst Therapeutinnen. Durch eure Arbeit als Standortleitungen kennt ihr euch aber auch mit der Verwaltung aus. Ihr gestaltet Erstkontakte mit Ärzt:innen, Pflegedienstleitungen und anderen Kooperationspartner:innen. Ihr habt eure Arbeit gut gemacht, wenn ihr im Alltag entbehrlich seid 😉
- Ihr nutzt jetzt schon tolle Instrumente, wie
- Infomappen für Ärzt:innen beim Erstkontakt
- Andere Infomappen für Pflegedienstleitungen beim Erstkontakt
- Unerschöpfliche Kenntnisse in den Bereichen Heilmittelkatalog, Starke Praxis, Besondere Verordnungsbedarfe, Langfristigeverordnungen, Blanko Verordnung und vieles vieles mehr.
Themen, die mit dem ganzen Komplex Verordnungsmanagement eng verbunden sind und hier noch keine Berücksichtigung gefunden haben sind:
- Befreiung von der Zuzahlung (wie können wir unsere Patient:innen dabei am besten unterstützen?)
- Unterdiagnostiziert und nicht genügend Heilmittel verordnet. Manche Diagnosen werden chronisch unterdiagnostiziert, so dass Patient:innen zu wenig oder gar keine Heilmittel bekommen. Hierzu gehören unter anderem:
- Dysphagie bei Pflegeheimbewohnenden
- Chronische Schmerzen
- Depression und oder Angst bei Pflegeheimbewohnenden
- Gute Beratung von Ärzt:innen beim Thema Regress
Diesen Themen werden wir uns ausführlich in einem anderen Kontext widmen.