Demenz

Was ist Demenz und welche Formen gibt es?
Eine Demenz ist weitaus mehr als eine Gedächtnisstörung. In ihrem Verlauf kommt es auch zu einer zunehmenden Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit, der Sprache, des Auffassungs- und Denkvermögens sowie der Orientierung. Somit erschüttert eine Demenz das ganze Sein des Menschen – seine Wahrnehmung, sein Verhalten und sein Erleben.
Die häufigste Ursache für das Demenz-Syndrom ist mit 60% bis 80% die Alzheimer Demenz, gefolgt von der vaskulären Demenz mit etwa 5% bis 10%. Seltene Ursachen sind unter anderem die Demenz bei Parkinson-Krankheit, Demenz mit Lewy-Körpern oder frontotemporale Demenz. Mit steigendem Alter kommen Mischformen immer häufiger vor. Grundsätzlich kann eine Demenz in jedem Alter auftreten, allerdings steigt das Risiko mit höherem Alter. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.
Verbreitung Demenz
2023 lebten in Deutschland rund 1,8 Millionen Menschen mit Demenz. Die häufigste Demenzursache ist die Alzheimererkrankung. Im Jahr 2023 sind etwa 445.000 Menschen im Alter 65+ neu an einer Demenz erkrankt. Infolge des demographischen Wandels nimmt die Anzahl der Betroffenen weiter zu. Gelingt kein Durchbruch in Prävention oder Therapie, könnten nach aktuellen Schätzungen in Deutschland im Jahr 2050 bis zu 2,7 Millionen Menschen im Alter 65+ erkrankt sein.
Vorbeugung Prävention:
Die Alzheimer-Krankheit ist heute noch nicht heilbar. Es gibt jedoch einige Faktoren, die das Risiko verringern können, an einer Demenz zu erkranken:
-
geistige, körperliche und soziale Aktivität
-
ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, reich an Vitamin C, E und Beta-Karotin
-
fett- und cholesterinarme Ernährung, möglichst ungesättigte Fettsäuren
-
die Behandlung von Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Diabetes.
Behandlungsmöglichkeiten
Medikamentös: Das Fortschreiten der Symptome lässt sich vorübergehend durch Medikamente wie z.B. Antidementiva hinauszögern. Diese können für etwa ein Jahr die geistige Leistungsfähigkeit aufrechterhalten.
Nicht-medikamentös: Hier kommen wir als Therapeut:innen ins Spiel. Ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Demenz sind Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie. Des Weiteren sind u.a. Verhaltenstherapie, Gedächtnistraining, Musiktherapie, Kunsttherapie, Erinnerungstherapie, Angehörigenberatung und Milieutherapie Teil der nicht-medikamentösen Therapie.
Was ist für uns als Therapeut:in bei der Arbeit zu beachten?
Therapeutische Befundung: Der Befund bei einer Demenz-Diagnose kann meistens nicht sofort bei der ersten Begegnung erhoben werden. Die Befunderhebung erstreckt sich über einen längeren Zeitraum und verschmilzt häufig schon mit der Therapie. Zur Ergänzung können eine große Auswahl an Assessments genutzt werden, wie z.B. der COPM. Je nach Schwere der Demenz muss der Einsatz der Assessments jedoch abgewogen werden.
Bei der Befundung des Patienten ist neben den medizinischen Daten und Befragung der Angehörigen, vor allem die Beobachtung des demenzerkrankten Menschen wichtig. Wie ist dein persönlicher Eindruck, welche Körperfunktionen sind vorhanden oder eingeschränkt, wie ist die Körperstruktur, wie ist die Aktivität, Partizipation und Kommunikation des Menschen, welche kognitive Fähigkeiten besitzt er und wie ist er orientiert und nimmt seine Umgebung war?
Was sind Therapieziele:
Anhand der im Befund aufgedeckten Defizite können Therapieziele entwickelt und entsprechende Therapieansätze gewählt werden. Je nach Berufsgruppe stehen andere Therapieziele im Vordergrund.
Physiotherapie:
-
Erhalt oder Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit
-
Training der Ausdauer, Kraft und Koordination
-
Erhalt oder Verbesserung der Mobilität
-
Sturzprophylaxe
Logopädie:
-
Verbesserung Sprach- und Kommunikationsfähigkeit
-
Unterstützung bei Schluckstörungen
-
Essensbegleitung
Ergotherapie:
-
Verbesserung von Alltagsfertigkeiten
-
Erarbeitung praktischer Problemlösungen im Alltag
-
Erhalt Selbstversorgung und Eigenständigkeit
-
Erhalt der Wahrnehmungsfähigkeit
Wie kann Therapie gestaltet werden?
Allgemein lässt sich sagen, dass freundliche Zuwendung und Wertschätzung ein wichtiger Bestandteil im Umgang mit demenzerkrankten Menschen ist. Sie sollten so lange wie möglich in das normale soziale Leben einbezogen werden („Inklusion“) und z.B. an Freizeitangeboten, Kultur, Sport, Gruppen usw. teilnehmen können.
Genauso sollte in der Therapie, dass positiv Erleben im Vordergrund stehen und weniger die Konfrontation mit den Defiziten. Auch wenn der demenzkranke Mensch das negative Erleben nicht mehr klar benennen kann, bleibt doch ein negatives Gefühl zurück.
Bei der Therapie mit demenzerkrankten Menschen sollten wir beachten, dass das Kurzzeitgedächtnis schnell nicht mehr nutzbar ist. Was dagegen noch lange nutzbar ist, ist das Langzeitgedächtnis. Denn dies bleibt in der Demenzerkrankung am längsten erhalten. So kann dir ein demenzkranker Mensch nicht mehr sagen, was er gerade zu Mittag gegessen hat, aber vertraute Lieder, Gedichte, Sprichwörter, ADLs etc. sind noch lange erhalten. Daher ist es sinnvoll alle im Langzeitgedächtnis verankerten Bewegungsmuster, Texte, Melodien (usw.) zu nutzen, da diese meist noch lange abrufbar sind.
Neben dem Langzeitgedächtnis kann auch ein biografischer Therapieansatz genutzt werden, um gezielt frühere Ereignisse und Erfahrungen zu nutzen um kognitive Fähigkeiten zu verbessern oder generell die Stimmung zu verbessern.
Zuletzt ist ein wichtiger Aspekt die Wahrnehmung des demenzerkrankten Menschen. Besonders im fortgeschrittenen Stadium können Menschen mit Demenz sich selbst und ihre Umwelt nur noch sehr eingeschränkt wahrnehmen. Daher ist in der Therapie der Einbezug alle Sinne stets sinnvoll (z.B. durch gezielte Lagerung, Verlagerung des Körpers, Bewegungen, Berührungen – Siehe auch: Basale Stimulation).
Was jetzt?
Demenz hat viele Gesichter. Das Thema Demenz ist zu umfangreich, um es komplett mit diesem Beitrag abzudecken. Er dient der Sensibiliserung des Themas Demenz und der Behandlung demenzerkrankter Menschen.
Ich hoffe ich konnte euch einen informativen Beitrag vorstellen. Vielleicht habt ihr beim Lesen des Artikels sogar Anregungen für eure nächste Therapie sammeln können oder neue Aspekte, die ihr mit euren Kolleg:innen besprechen wollt.

Jan arbeitet als Physiotherapeut bei den Therapielotsen in Berlin. Er schreibt regelmäßig Artikel für den Blog und für unsere interne Flaschenpost.