Moral Injury

Der Verstoß gegen eigene moralische Werte

Hast du schon mal von Moral Injury gehört? Sicherlich ist es dir in deinem Berufsalltag schon einmal begegnet, denn das bleibt in der Arbeit mit Menschen meist nicht aus. Moral Injury heißt wörtlich übersetzt: „Moralische Verletzung“

Aber, wer oder was wird hier moralisch verletzt?

Der Begriff bezieht sich auf Menschen, die einem Wertekonflikt ausgesetzt sind. Ausgelöst durch Beobachtungen oder Handlungen, die falsch, verstörend und gleichzeitig unabwendbar wären. Also Dinge die nicht mit dem Gewissen vereinbar sind. Denkbar sind Handlungen, welche die Menschenwürde oder die Selbstbestimmung der Patient:innen verletzen, oder einfach nicht gerecht sind.

In Pflegeeinrichtungen kann es sein, dass du solche Missstände entdeckst (nicht zuletzt aufgrund eines gravierenden Fachkräftemangels) oder sogar strukturelle Gewalt beobachtest. Auch s.g. „gefährliche Pflege“ kommt hier und da vor. Zum Beispiel, wenn du eine Patientin siehst, die nicht ausreichend gelagert wird (obwohl dies dringend notwendig wäre zur Dekubitus-Prophylaxe) oder ein Patient, der trotz Schluckstörungen für ihn unpassende Nahrung erhält. Du kennst vermutlich noch weitere Beispiele aus deinem Alltag.

Wichtig ist: ALLE Gesundheitsberufler sind meist hoch motiviert, gute und wertvolle Arbeit zu leisten und versuchen ihr Bestes zu geben. Gleichzeitig sind Sie Teil eines Systems, was oft leider unbefriedigend funktioniert und dadurch zu Missständen führt. Es geht absolut NICHT darum, Pflegekräfte oder andere Gesundheitsberufler an den “Pranger” zu stellen! Sondern um den Fokus auf den damit einhergehenden inneren Konflikt als Teil dieses Systems, dem auch wir als Lotsinnen, MFAs, Ärzt:innen usw. ausgesetzt sind, da wir ebenfalls in diesem System arbeiten.

Genau hier entsteht also moral injury. Du fühlst dich und die eigenen moralischen Überzeugungen verletzt. Du leidest mit. Es kann ein Gefühl von Trauer, Frust, Wut, Machtlosigkeit, Verzweiflung oder sogar Scham vor sich selbst entstehen.

Was kann denn nun helfen?

Um daran nicht zu verzweifeln, unterstützen ethische (Fall-)Besprechungen und die Beratung der Professionen untereinander. Dort können z.B. Tipps ausgetauscht werden, wann man Probleme mit anderen Versorgenden besser gleich ansprechen sollte und vor allem wie man das machen kann. Außerdem können konkret erlebte „Fälle“ besprochen und beraten werden. Dies machen wir u.a. regelmäßig im Lotsenforum, wo das Thema “Moral Injury” aufgegriffen wird. Aber auch in deinem Team vor Ort kannst du das Thema gezielt ansprechen, damit du dich damit nicht alleine und verloren fühlst.

Wir hoffen, dieser kleine Exkurs hat dir geholfen und regt dich an, einen offenen Dialog und Austausch zu starten.