Delir

Delirium – eine Herausforderung für Gesundheitsberufe

Viele von euch haben bestimmt schon einmal den Begriff Delirium oder Delir gehört. Aber was heißt das eigentlich? Und ist das überhaupt für meine Patient:innen und mich relevant?

Ja, sobald du ältere Patient:innen hast, ist es wichtig ein Delir zu erkennen und zu wissen wie man damit umgeht. Denn ein Delir ist nicht nur ein Phänomen nach chirurgischen Eingriffen oder auf Intensivstationen, sondern betrifft alle älteren, pflegebedürften Menschen. Und anders als der Begriff „Durchgangssyndrom“ vermuten lässt, ist es eben kein vorübergehendes Phänomen, sondern hinterlässt bei vielen den Betroffenen dauerhafte Schäden. Mind. 25% behalten kognitive Einschränkungen die einem leichten Alzheimer ähneln, es kommt zu Dekubitus, Pneumonie und einer erhöhten Sterblichkeit.

Besonders interessant ist jedoch die Prävention und Behandlung: viele Studien zeigen, dass eben nicht Medikamente, sondern therapeutische Maßnahmen den Patient:innen helfen das Delirium zu verlassen.

Aber jetzt erstmal von Anfang an: was ist ein Delir und wie wird es ausgelöst?

Man versteht darunter eine akute, organisch bedingte Psychose mit Bewusstseinsstörungen in Form von Eintrübung, Aufmerksamkeits-, Orientierungs- und Wahrnehmungsstörungen. Reaktionen auf Umgebungsreize sind nicht angemessen, die betroffenen Personen werden als „durcheinander“ bzw. „verwirrt“ wahrgenommen. Dabei gibt es drei Formen des Delirs: das hyperaktive Delir (Häufigkeit ca. 30%), das hypoaktive Delir (5%) und den Mischtype (65%). Die letzten beiden Formen sind meist schwer zu erkennen.

Eine Mögliche Desorientierung, Aufmerksamkeitsstörungen, psychomotorische Retardierungen und unorganisiertes Denken sind typische Symptome. Falls ihr Patient:innen habt, die euch auffällig erscheinen, kann der Confusion Assessment Method (CAM) helfen. Hier findet ihr die deutsche Übersetzung und hier ein einfaches Merkblatt.

Natürlich sollen Therapeut:innen keine solche Diagnose stellen, aber diese Tests können euch unterstützen, wenn ihr unsicher seid und helfen bei der Kommunikation mit Ärzt:innen oder der Pflege.

Die häufigsten Auslöser für ein Delir sind Elektrolytstörungen, Infektionen, bestimmte Arzneimittel oder Polypharmazie (mehr als 10 Medikamente). Aber auch Schmerzen, Schlafentzug, Harnkatheter, Entzugssymptomatiken (z.B. auch Medikamente), geringer Blutsauerstoff, Mangelernährung und Dehydration oder eingeschränktes Hör- und Sehvermögen begünstigen ein Delir. Alles typische Problematiken unserer älteren Patient:innen, egal ob im Hausbesuch oder im Pflegeheim. Gerade der Aspekt arzneimittelinduziertes Delir ist sehr spannend, würde aber in diesem Artikel den Rahmen sprengen. Dazu können wir euch nur wärmsten diesen Artikel empfehlen. Nicht nur für verschreibende Ärzt:innen, sondern auch für Lots:innen ist es wichtig zu wissen, welche Medikamente oder Medikamentenkombinationen einen negativen Einfluss haben.

Wie kann ich meine Patient:innen mit Delir-Anzeichen unterstützen?

Generell ist es wichtig die Patient:innen zu reorientieren. Das konsequente tragen der eigenen Seh- und Hörhilfen ist dabei essenziell. Gut sichtbare Uhren und Kalender, sowie eine Tageszeitung oder Nachrichten und der Besuch von Angehörigen helfen. Generell gilt es tagsüber anregende und nachts schlaffördernde Maßnahmen umzusetzen. Das bedeutet, dass die Personen morgens aus dem Bett mobilisiert werden und die geistige und körperliche Aktivität gefördert wird. Dies macht sie müde für die Nacht. Abends werden Licht und Lärm reduziert. Weiterhin sollten Ängste reduziert werden. Dafür ist zuerst auf eine adäquate Schmerztherapie zu achten, denn Schmerzen erzeugen Ängste und verhindern die anderen Therapieformen umzusetzen. Zudem sollte auf eine möglichst hohe Konsistenz der betreuenden Personen geachtet werden und, wie schon erwähnt, bieten Angehörige neben Orientierung auch Sicherheit für die Betroffenen.

Nochmal in Kürze

Das Delir ist ein häufig unterschätztes Phänomen bei älteren, pflegebedürftigen Patient:innen, welches schwerwiegende Folgen für die Betroffenen haben können. Daher sollten wir bewusst auf mögliche Delir-Anzeichen achten und unsere Patient:innen im Sinne einer nicht-medikamentösen, interdisziplinären Prävention und Therapie überstützen, wie Frühmobilisation, Reorientierung und Verbesserung des Tag-Nacht-Rhythmus.